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Seminarphasen in der Erwachsenenbildung

Bei der Gestaltung von Seminaren in der Erwachsenen- und Weiterbildung spielt der Einsatz von geeigneten Methoden eine entscheidende Rolle. Neben den Lernzielen der Weiterbildung und den individuellen Erfahrungen unterliegt ihr Einsatz auch der Gruppen- und Seminardynamik.

Seminarphasen

Ein Seminar kann in sechs unterschiedliche Phasen eingeteilt werden, deren Funktion und Inhalt bei der Auswahl von Methoden beachtet werden sollte (vgl. Bernstein/Lowy 1978; Wendorff 2012).

Seminarphasen nach Wendorff (2012)

Abbildung 3: Seminarphasen nach Wendorff (2012)

Der hier skizzierte Ablauf ist ein idealtypischer Verlauf einer Weiterbildungsveranstaltung. Die einzelnen Phasen unterliegen stetigen Wechselwirkungen. Inhaltliche Sprünge sind möglich, Störungen können auftreten oder die eigene zeitliche Planung kann aus anderen Gründen nicht eingehalten werden. Die Beschreibung anhand der dargestellten sechs Phasen ist als Orientierungshilfe zu verstehen und dient als Grundlage für die Erstellung von Ablaufplänen sowie der inhaltlichen Vorbereitung des Seminargeschehens.

Warm-Up-Phase

Die Warm-Up-Phase dient der Begrüßung und dem gegenseitigen Kennenlernen. Dabei wird darauf Wert gelegt, dass sowohl die Trainer/-innen als auch die Teilnehmenden mindestens einmal zu Wort kommen. Interessant sind dabei fachliche Qualifikationen und der persönliche Bezug zum Thema. In dieser frühen Phase des Seminars ist es allerdings sinnvoll, den Informationsgehalt noch zu begrenzen. Trainer/-innen sollten sich auf zwei Fragen konzentrieren und diese selbst als erste kurz und bündig beantworten. Die Teilnehmenden werden sich daran orientieren.

Die Warm-Up-Phase dient der sozialen Orientierung: „Wer ist noch hier?“, „Kenne ich jemanden?“ oder „Welchen Eindruck vermittelt der/die Dozent/in?“ sind Fragen, die Teilnehmende sich anfänglich stellen. Anfangsunsicherheiten werden überwunden, eine positive Atmosphäre erzeugt und ein weiterer konstruktiver Verlauf des Seminars ermöglicht. Zentral sind eine erste Kontaktaufnahme untereinander und eine aktiv-positive Beziehungsgestaltung zwischen der dozierenden Person und den Teilnehmenden sowie zwischen den Teilnehmenden selbst.

Transparenzphase

Während die Warm-Up-Phase soziale Orientierung bietet, soll die Transparenzphase inhaltliche Orientierung ermöglichen. Demnach werden in der Phase Abläufe und erste Inhalte des Seminars vorgestellt. Ein vorbereiteter Ablaufplan auf Flipchart oder Metaplanwand ist eine geeignete visuelle Unterstützung. Darüber hinaus ist es sinnvoll, die Erwartungen der Teilnehmenden mit dem tatsächlich geplanten Vorgehen abzugleichen. Nicht immer besteht im Vorfeld die Möglichkeit, Erwartungen und Bedarfe konkret abzufragen. In der Transparenzphase können Trainer/innen aber erkennen, ob sie mit ihren Vorbereitungen auf Interesse stoßen. Gegensätzliche oder abwegige Vorstellungen können noch revidiert, einzelne Elemente sogar noch punktuell umstrukturiert werden.

Die Transparenzphase hat durchaus eine Signalwirkung: „Ich nehme ihre Erwartungen und Bedürfnisse ernst und werde kein Seminar über Ihre Köpfe hinweg durchführen“. Mit diesem Signal nehmen Trainer/innen Störungen und Widerstände, die sich eventuell im weiteren Seminarverlauf äußern würden, vorweg. Wenn gleich zu Beginn des Seminares klar wird, dass alle Anwesenden ähnliche Erwartungen haben und inhaltlich auf diese eingegangen werden wird, ist ein gutes Fundament für den thematischen Einstieg gelegt.

Hinführung zum Thema

In der folgenden Phase beginnt der thematische Einstieg. Nach der sozialen und inhaltlichen Orientierung durch die vorhergehenden Phasen gilt es, die Teilnehmenden für die Lerninhalte zu sensibilisieren. Dozierende sollten jetzt vorhandenes Vorwissen der Teilnehmenden aktivieren und eine erste fachliche Auseinandersetzung ermöglichen. Je nach zeitlichen Ressourcen genügen spielerisch-lockere Methoden wie Zitate, aktuelle Nachrichten, persönliche Anknüpfungs-punkte, Metaphern oder Sprichworte. Diese Phase bietet Platz für Originalität und Fantasie (s. Kapitel „Ausgewählte Methoden“).

Die Hinführung zum Thema fördert also das Interesse der Teilnehmenden am Thema, aktiviert sie und weckt ihre Aufmerksamkeit. Man spricht hier auch vom „geistigen Abholen“ und damit der Annäherung an den eigentlichen Kern des Seminars.

Informationsphase

Die Informationsphase ist normalerweise das Herz einer jeden Weiterbildung. Konkrete Seminarinhalte werden vermittelt – meist als Inputbeiträge frontal über Laptop und Beamer. Doch je komplexer das Thema und je länger der Vortrag, desto schwerer fällt es den Teilnehmenden zu folgen. Dass der Fokus von Weiterbildungen auf der Vermittlung von Wissen liegt, ist wichtig und richtig. Allerdings stellt sich in der Informations-phase die Frage, wie dieses Wissen vermittelt wird. Dozent/innen sollten sich im Vorfeld überlegen, wie sie ihre Vorträge abwechslungsreich gestalten können und wie sich Teilnehmende aktivieren oder einbinden lassen. „Muss jeder Inhaltsbaustein über Beamer an die Wand projiziert werden?“, „Was lässt sich reduziert auf Moderationskärtchen und Metaplanwand darstellen?“, „Kann ich bestimmte Aspekte von den Teilnehmenden erarbeiten lassen und danach im Plenum sammeln?“ oder „An welchen Stellen lässt sich mein Vortrag mit gezielten Fragestellungen auflockern, so dass ich die Teilnehmenden einbinden kann?“.

Bei der Vorbereitung ist zu überlegen, auf welche Weise das aufbereitete Wissen verarbeitet werden soll. In Anlehnung an die Taxonomie von Lernzielen (vgl. Bloom 1976) kann unterschieden werden, ob Lerninhalte lediglich gehört oder gesehen, ob sie selbst erarbeitet oder, als nachhaltigste Form der Wissens-aneignung, von den Teilnehmenden aufbereitet und dritten gegenüber dargestellt werden sollen. Das angestrebte Lernziel wirkt sich dabei auch auf die folgende Seminarphase aus.

Verarbeitungsphase

In der Verarbeitungsphase verarbeiten Teilnehmende das vermittelte Wissen selbst. Diese Phase bietet Gelegenheit, das Gehörte oder Gesehene durch entsprechenden Methodeneinsatz aktiv zu verankern. Die aktive Auseinandersetzung mit den zuvor vermittelten Inhalten ist für das Lernen Erwachsener entscheidend (vgl. Holzkamp 1993). Oftmals wird von Teilnehmenden beklagt, dass Wissensinhalte einige Wochen nach der Weiterbildung schlichtweg nicht mehr abgerufen werden oder bereits in Vergessenheit geraten sind. Die Verarbeitungsphase bietet eine Chance, dem entgegenzuwirken.

So können besonders wichtige Lerninhalte aktiv aufbereitet oder vertieft werden. Eine Möglichkeit besteht beispielsweise darin, Inhalte auf die eigene Arbeitspraxis zu übertragen. „Wie können wir das Gehörte in unserer alltäglichen Praxis anwenden?“, „Was bedeutet das soeben Gesehene für unsere internen Ablaufe?“ oder „Was von dem Vorgetragen machen wir bereits und was möchten wir zukünftig ausprobieren?“. Der Transfer von Weiterbildungsinhalten in die Arbeitspraxis der Teilnehmenden wird als eine der größten Herausforderungen für Trainer/innen beschrieben. Zugleich besteht in ihm aber auch der größte Nutzen für Auftraggeber/innen. Die Verarbeitungsphase kann bereits während der Weiterbildung den Grundstein für einen erfolgreichen Transfer legen.

Cool-down-Phase

Die Cool-Down-Phase hat den inhaltlichen Ausstieg aus dem Seminar zum Ziel. Es bietet sich an, noch einmal kurz auf die Inhalte des Seminars einzugehen. In der Regel hat sich der Seminarraum im Laufe des Tages gefüllt. Auf den Flipcharts und an den Metaplanwänden befinden sich Kleingruppenergebnisse, Poster, Visualisierungen oder beschriebene Moderations-kärtchen. Zentrale Ergebnisse können noch einmal hervorgehoben werden. Die Teilnehmenden können so den Ablauf und die Inhalte Revue passieren lassen. Hier kann auf den Beginn der Veranstaltung zurückgeblickt werden. „Wurden alle geplanten Tagespunkte bearbeitet?“, „Gibt es noch offene Fragen?“ und „Was ist auf der Strecke geblieben?“. Die Aufmerksamkeit der Teilnehmenden nimmt am Ende eines Seminares wieder zu. Die Rückschau auf die zurückliegenden Stunden kann durchaus inhaltsbezogen ausgerichtet werden.

Eine weitere Variante, eine Weiterbildung abzuschließen, ist, auf kommende Veranstaltungen vorausschauend zu blicken. „Welche Themen stehen beim nächsten Mal an?“, „Müssen aufgrund der heute erarbeiteten Ergebnisse Inhalte verändert oder verschoben werden?“, „Sind Punkte offen geblieben, die beim nächsten Mal zu berücksichtigen sind?“. Trainer/innen stellen das Seminargeschehen damit in einen Gesamtzusammenhang und wecken bei den Teilnehmenden bereits das Interesse für den nächsten Termin.

In der Cool-Down-Phase werden die wichtigsten Informationen aus der Veranstaltung heraus transportiert (s. Kapitel „Ausgewählte Methoden“). Das vermittelte Wissen wird von den Teilnehmenden reflektiert und die Rolle der dozierenden Person bewertet. An dieser Stelle kann auch Feedback, mündlich über eine Blitzlichtabfrage oder schriftlich über vorbereitete Feedbackbögen, eingeholt werden.

Literatur

Bernstein, S./Lowy, L. (1978): Neue Untersuchungen zur sozialen Gruppenarbeit. Freiburg: Lambertus.
Bloom, B. S. (1976): Taxonomie von Lernzielen im kognitiven Bereich. Weinheim: Besitz Verlag.
Holzkamp, K. (1993): Lernen. Subjektwissenschaftliche Grundlegung. Frankfurt a.M.: Campus.
Wendorff, J. A. (2012): Das LEHRbuch. Trainerwissen auf den Punkt gebracht. 2. Aufl., Bonn: managerSeminare.

Autor und Autorin: Maximilian Göllner & Janine Romppel, k.o.s GmbH

Foto: fudowakira0 – pixabay.com, CC0

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