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Hybride Lernformate in der Erwachsenenbildung

Hybrides Lernen erfreut sich aktuell einer zunehmenden Beliebtheit in der (beruflichen) Weiterbildung. Nach einer langen Zeit, die geprägt war durch reine Onlineangebote bieten viele Bildungseinrichtungen nun hybride Veranstaltungen an, bzw. arbeiten an der Erstellung hybrider Lernsettings. Vorteile hybrider Lernangebote werden v. a. in den Zugangs- und Teilnahmemöglichkeiten gesehen, die ortsunabhängig und flexibler gestaltet werden können und dadurch den potenziellen Teilnehmendenkreis erweitern. Gleichzeitig stellen hybride Lernsettings eine hohe didaktische und methodische Anforderung an das Bildungspersonal, die neben den organisatorischen und technischen Anforderungen Beachtung finden müssen, soll der Lernerfolg für alle Teilnehmendengruppen gleichermaßen gewährleistet werden.

In diesem Beitrag wollen wir auf methodisch-didaktische Besonderheiten in hybriden Lernformaten eingehen und auf informative Seiten verweisen, die weiterführende Tipps zur didaktischen Konzeption und Umsetzung bieten.

Hybride Lernangebote: Was meint das?

Der Begriff „hybrid“ wird für ganz unterschiedliche Lernsettings verwendet. Hilfreich ist es, die Ortsabhängigkeit und Synchronizität für die Begriffsbestimmung zu nutzen. Nachstehende Grafik verdeutlicht die Vielfalt an möglichen hybriden Lernsettings.

Quelle: Die Graphik „Lernsettings“ von Anna Ansari für die Mediendidaktik der ZESS Uni Göttingen ist lizenziert unter CC BY 4.0.

Tatsächlich werden aktuell hybride Lernformate oft mit Blended-Learning Formaten gleichgesetzt, die sich nach unserer Definition durch einen aufeinanderfolgenden Wechsel von Online- und Präsenzphasen auszeichnen. D. h. die Teilnehmendengruppe ist zeitgleich entweder in der Onlinephase oder in der Präsenzphase.

Im Unterschied dazu wollen wir uns nachstehend mit hybriden Lernsettings auseinandersetzen, die synchron in einer Mischung aus Präsenz- und Onlinelehre durchgeführt werden. D. h. sie finden zeitgleich statt, ein Teil der Gruppe findet sich physisch am selben Ort, während ein anderer Teil digital dazu geschaltet ist. Innerhalb dieser hybriden Formate kann nochmal unterschieden werden zwischen:

  • Hybriden Teilnehmendengruppen: Moderation vor Ort, Teilnehmende vor Ort und online
  • Virtuelle Moderation: Moderation ist online dazugeschaltet und die Teilnehmenden sind an einem Ort
  • Virtuelle Inputs/Beiträge: Moderation und Teilnehmende sind vor Ort, zusätzliche Beitragende oder Inputgebende werden online dazu geholt

Was ist bei hybriden Teilnehmendengruppen zu beachten?

Bevor die Entscheidung für ein hybrides Lernangebot fällt, sollte zunächst geprüft werden, ob das Format grundsätzlich geeignet ist, die beabsichtigten Ziele der Veranstaltung zu erreichen. Aspekte, die dabei berücksichtigt werden sollten, sind die Lernbedarfe und Zugangsvoraussetzungen der Zielgruppe. Dazu zählen auch die verschiedenen Vorerfahrungen, Rahmenbedingungen und Lernstrategien der Teilnehmenden. Weitere wichtige Aspekte sind die geplante Teilnehmendenzahl insbesondere in Verbindung mit den geplanten Lernzielen und -inhalten sowie die Frage nach bevorzugten Lehr- und Lernstilen der Trainer*innen selbst und die vorhandene Fachkompetenz.

Eine umfassende Vorbereitung ist bei allen hybriden Formaten essenziell. Neben den methodisch-didaktischen Aspekten stellt die technische Ausstattung besondere Anforderungen an die Umsetzung. Für den gemeinsamen Austausch ist es wichtig, dass alle Teilnehmenden sich gegenseitig sehen und gut verstehen können. Die Trainer*innen sollten beide Gruppen immer im Blick haben können. Das setzt eine gute Übertragungsqualität von Bild und Ton voraus. Auch sollte der Austausch von Arbeitsergebnissen, Dokumenten etc. so organisiert werden, dass er sowohl für die Teilnehmenden vor Ort als auch die online zugeschaltete Gruppe möglich ist. Erich Schönbächler & Caroline Grabensteiner vom MediaLab am Zentrum für Lerntechnologie und Innovation der PH Wien geben in diesem Video virtuelle Einblicke in ein hybrides Lernsetting inkl. technischer Ausstattung. Weitere Tipps zur technischen Umsetzung finden sich im Blogbeitrag von Beatrice Kogler & Birgit Aschemann (Redaktion/CONEDU, 2022).

Hybriditätsgraben überwinden – Anforderungen an das Bildungspersonal

Lernsettings mit hybriden Teilnehmendengruppen fordern einen erhöhten Ressourceneinsatz. An das Bildungspersonal stellen sich besondere fachliche Anforderungen. Auf seiner Bierdeckelskizze verdeutlicht Jöran Muuß-Merholz diese Anforderung als Hybriditätsgraben, den es zu überwinden gilt.

Quelle: Jöran Muuß-Merholz (2021) über Twitter

Aufgabe des Bildungspersonals ist es, durch eine gut durchdachte methodisch-didaktische Konzeption der einzelnen Lernphasen, für alle Teilnehmendengruppen soziale Teilhabe und Eingebundenheit, Partizipation und Transparenz gleichermaßen sicherzustellen. Die Konzeption muss berücksichtigen, dass ggf. die online Teilnehmenden nicht alle anderen Teilnehmenden gleichermaßen sehen und hören können bzw. Wortmeldungen nicht wahrgenommen werden; ggf. wird die Onlinegruppe eher abgelenkt durch parallel stattfindende Aktivitäten; auch zeigen die Erfahrungen aus der reinen Onlinelehre das „Phänomen der schwarzen Kacheln“, d. h. die Hemmschwelle sich online zu beteiligen mit Bild und Ton.

Das erfordert nicht nur einen kompetenten Umgang mit digitalen Tools und Medien, sondern auch sehr gute Methodenkenntnis, die die unterschiedlichen Rahmenbedingungen und Erwartungshaltungen der beiden Teilnehmendengruppen (Online / Präsenz) berücksichtigt und aufgreift.

Methodisch-didaktische Umsetzung hybrider Lernformate

Für die Erarbeitung von hybriden Lernsettings bietet es sich daher an, die einzelnen Konzeptionsbausteine eines Lehr-Lernprozesses aufeinander folgend zu bearbeiten. Diese sind: Zielgruppe und Lernbedarf – Lernziel – Lerninhalt – Gestaltung – Umsetzung – Monitoring. Für die Bearbeitung der Bausteine haben wir ein workbook als Arbeitshilfe entwickelt, das begleitend zu unserer Werkstattreihe kosLearningLab genutzt werden kann. Die einzelnen Bausteine behalten auch in hybriden Lernsettings ihre Gültigkeit, sind aber immer aus der Perspektive von beiden Lerngruppen (online/digital) zu bearbeiten und zusammen zu denken, um Brücken über den oben beschriebenen Hybriditätsgraben zu bauen. Die Konzeption ist daher kleinteiliger und anspruchsvoller.


In einem umfangreichen Dossier zum Thema hybrides Lernen hat die Redaktion von CONEDU auf erwachsenenbildung.at (2022) weitere Empfehlungen zur didaktischen Gestaltung von hybriden Lernformaten zusammengestellt. Neben Blogbeiträgen finden sich hilfreiche Webinaraufzeichnungen, Technikempfehlungen sowie Arbeits- und Entscheidungshilfen für hybrides Lernen in der Erwachsenen- und Weiterbildung.


Welche Methoden sich für die Umsetzung anbieten, kann nicht pauschal beantwortet werden und ist immer abhängig von der jeweiligen Zielgruppe, den Lernbedarfen, -zielen, -inhalten und Rahmenbedingungen, in denen das Lernangebot umgesetzt wird.

Wann können hybride Formate sinnvoll sein?

Nicht immer sind hybride Lernformate für alle Teilnehmendengruppen gleichermaßen geeignet. Da die Umsetzung von Veranstaltungen, die gleichzeitig in Präsenz und online stattfinden, meist mit einem erhöhten Ressourceneinsatz verbunden sind, gilt es im Vorfeld gut abzuwägen, ob eine hybride Veranstaltung das passende Format ist. Der Anspruch an die Gestaltung und damit verbunden der Umsetzungsaufwand steigt, je interaktiver das Lernangebot ausgerichtet werden soll. Einen kleinen Check als Entscheidungshilfe finden Sie hier.

Unserer Einschätzung nach können hybride Lernangebote gut in Szenarien eingesetzt werden, die eine virtuelle Moderation oder virtuelle Beiträge/Inputs (s. o.) umfassen. Alle Szenarien, die hybride Teilnehmendengruppen ansprechen, sehen wir aktuell eher skeptisch. Zu groß ist die Anforderung, den Hybriditätsgraben zu überwinden.

Ausblick

In ihrem Blog denkt Nele Hirsch (2021) hybrides Lernen weiter und reflektiert Umsetzungen, die sich aus der Überlegung ergeben, dass im Grunde jedes Lernen hybrides Lernen ist. Der Gedanke dahinter ist, dass Lernen nie nur analog oder digital stattfindet. Lernende in Präsenzveranstaltungen haben meist immer auch Geräte dabei, die ihnen einen Online-Zugang ermöglichen, den sie nutzen. Auf der anderen Seite sind Lernende, die online teilnehmen immer auch an einem physischen Ort. Vor diesem Hintergrund diskutiert Nele Hirsch fünf Einsatzszenarien, in denen hybrides Lernen weitergedacht werden kann.

Diese Überlegungen lassen sich gut mit Gestaltungsansätzen zu Lernräumen und -szenarien der Zukunft verbinden, die fließende Übergänge zwischen physischen und digitalen Lernräumen ermöglichen und damit eine neue Lernkultur anstreben. Prof. Dr. Christian Kohls (2021) beschäftigt sich mit Lernräumen der Zukunft und der Gestaltung hybrider Lernorte im Hochschulkontext. In dem hier verlinkten Vortrag, stellt er Umsetzungsbeispiele vor, die auch für die Erwachsenen- und Weiterbildung gut adaptierbar sind.

Hybrides Lernen methodisch-didaktisch weiter zu denken und mit neuen Lernraumkonzepten zu verbinden hat ein hohes Innovationspotenzial für zeitgemäße Bildungsangebote und sollte auch stärker in der Erwachsenen- und Weiterbildung vorangetrieben werden.

Weitere Literatur


Veranstaltungshinweis

Sie möchten mehr über die Gestaltung hybrider Lernangebote erfahren? Dann laden wir Sie herzlich zu unserem Online-Live-Seminar ein.

Aktuelle Veranstaltungen


Autorin: Sophie Keindorf, k.o.s GmbH

Bild: Jason Goodman, CC0, Unsplash.com: https://unsplash.com/photos/IotATrNf1aA

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